Jahrelang hielt die Buchhändlerin Friederike Kipar in einem Notizbuch fest, was sie zu welchem Thema gelesen hatte, um ihre Kunden in der Buchhandlung besser beraten zu können. Seit zwei Jahren teilt sie ihre Leseerlebnisse als Die Buchbloggerin im Netz. Ob ihr Blog ihr bei der täglichen Arbeit behilflich ist, erzählt sie im Interview.
Du arbeitest in Freiburg als Sortimentsbuchhändlerin und bloggst in der Freizeit über Literatur und viel über Neuerscheinungen. Ist dein Blog für dich auch eine Art Nachschlagewerk?
Ja, natürlich. Ganz zu Beginn meiner Ausbildung habe ich einfach nur gelesen, ohne aufzuschreiben, was ich gelesen habe.
Irgendwann kam ich dann auf die Idee, mir ein Buch anzuschaffen und mir die Titel dort zu notieren, einfach als Gedächtnisstütze. Dieses Buch hatte ich bei meiner Arbeit in der Buchhandlung immer dabei, denn wenn Kunden mit bestimmten Geschmäckern kamen und mir nicht sofort was einfiel, konnte ich einen Blick in meine Liste der gelesenen Bücher werfen und mir Inspiration holen.
Heute kann ich einfach an den Computer gehen und meinen Blog aufrufen, denn in meinen “Monatsrückblicken” liste ich immer alles Bücher auf, die ich gelesen habe und auch die, zu denen ich keine Besprechungen schreibe. Das hilft mir bei der täglichen Arbeit sehr.
Das Buch führe ich jedoch immer noch handschriftlich weiter und konsultiere es, wenn ich Titel zu einem bestimmten Thema recherchiere und die Beiträge in meinem Blog nicht so weit zurück reichen. Denn den Blog betreibe ich ja erst seit knapp zwei Jahren, Buchhändlerin bin ich jedoch seit zehn.
„Was bringt es, zu schreiben, dass man dieses, oder jenes Buch so schlecht fand, und dies breitzutreten?“
Als Buchhändlerin gehört es zu deinem Job, Bücher zu empfehlen. Verreisst du im Blog auch gelegentlich einen Titel oder widerspricht sich das mit deinem Beruf?
Nein, Verrisse sind bei mir keine zu finden, denn was bringt es, zu schreiben, dass man dieses, oder jenes Buch so schlecht fand, und dies breitzutreten? Da hat ja der Leser nichts davon, das Buch nicht und ich selbst ärgere mich während ich die Besprechung schreibe. Das hat für mich keinen Sinn, da schreibe ich doch viel lieber über die Titel, die mir gut gefallen haben. Natürlich ist mir bewusst, dass ein Verriss viele Klicks bringt, manchmal viel mehr, als ein positiv besprochenes Buch, aber darum geht es mir ja gar nicht. Das wäre ja so, als würde ich in der Buchhandlung zu den Kunden sagen: Das Buch fand ich blöd und das und das auch. Das ist nicht gerade verkaufsfördernd und genau das ist ja schliesslich mein Beruf, an dem ich übrigens wahnsinnig viel Freude habe: Bücher und Menschen zusammenzubringen.
Du bloggst nun seit knapp zwei Jahren. Hat sich dein Leseverhalten dadurch verändert?
Nur insofern, dass ich viel mehr gebundene Bücher lese, als zuvor. Früher lag mein Schwerpunkt auf den Taschenbüchern, da ich eine Zeit lang die Taschenbuchabteilung betreut habe. Da ist es ja klar, dass man da mehr aus seiner eigenen Abteilung liest. Doch die Bücher, die auf den Blogs, oder in den Zeitungen besprochen werden, sind zumeist Neuerscheinungen und die erscheinen nunmal zuerst gebunden und da ich derzeit keine eigene Abteilung habe, sondern zwischen Belletristik und Jugendbuch hin und her springe, lese ich Bücher aus diesen Bereichen, jetzt allerdings zumeist die Hardcover-Ausgaben. Die kommen ja auch ein Jahr später ins Taschenbuch. Aber ich lese generell nur, worauf ich Lust habe, daran hat sich nichts geändert.
„Bei einigen Bloggern ist es ganz oft der Fall, dass ein Buch, das ihnen beiden gefallen hat, mir höchstwahrscheinlich auch gefällt.“
Auf Twitter und Facebook bist du auch sehr aktiv und gut vernetzt. Lässt du dich von den Diskussionen im Netz inspirieren und beeinflussen sie deine Entscheidung, ein Buch zu lesen?
Man weiss ja mittlerweile, welcher Blogger was liest und bei Mara (buzzaldrins.de) und Sarah (pinkfisch.de) ist es ganz oft der Fall, dass ein Buch, das den beiden gefallen hat, mir höchstwahrscheinlich auch gefällt. Sarah hat zum Beispiel gerade “Duell” von Joost Zwagerman gelesen. Es handelt sich um eine Satire auf den Kunstbetrieb und Kunst finde ich ja immer hochspannend – vor allem, wenn Sarah so ins Schwärmen kommt. Ansonsten bin ich seit eh und je ein “Vorschau-Junkie” und schaue im zwei Mal im Jahr täglich auf den Verlagsseiten, ob denn nun “endlich” die neuen Verlagsvorschauen online sind. Das ist für mich immer wie Weihnachten und ich freue mich jetzt schon auf die Frühjahrsprogramme 2017.
Als Freiburgerin lebst du relativ nah an der Schweizer Grenze. Inwiefern spielen Schweizer Autoren und Verlage in deinem Berufs- und Bloggerinnenalltag eine Rolle? Spielen sie überhaupt eine Rolle, oder gehen sie als Indie-Verlage eher unter?
Natürlich spielen sie eine Rolle, aber ich unterscheide bei Verlagen nicht nach dem Herkunfstland. Wo ein Buch erschienen ist, ist ja nicht wichtig, die Frage ist ja: Kann es mich begeistern beziehungsweise mein Interesse wecken? Trotzdem spielt natürlich meine geografische Nähe zur Schweiz in meinem Alltag als Buchhändlerin eine Rolle, zumal wir so manchen Schweizer Kunden haben und Schweizer Autoren in unserer Gegend auch des öfteren Lesungen halten.
In meiner ehemaligen Buchhandlung hatten wir zum Beispiel Alex Capus zu Gast und sind zur Vorbereitung auf seinen Besuch nach Olten gefahren, um uns einen Eindruck der Wirkungsstätte des “Katers von Olten” zu verschaffen. Das war sehr schön, atmosphärisch und heimelig. Die dortige Buchhandlung hat mir übrigens extrem gut gefallen.
Und nur so am Rande: Mein Lieblingsbuch ist bei Nagel & Kimche erschienen -“Melnitz” von Charles Lewinsky, dessen neuestes Werk “Andersen” es ja gerade auf die Shortlist des Schweizer Buchpreises geschafft hat. Gelesen habe ich es leider noch nicht, aber es ist schon auf meinem E-Reader…:).
Friederike Kipar
Friederike Kipar hat Kulturmanagement studiert, bevor sie zu ihrem Traumberuf Buchhändlerin gekommen ist. Sie arbeitet und lebt in Freiburg in Breisgau. Seit November 2014 bloggt sie als Die Buchbloggerin über Literatur.
Blog: Die Buchbloggerin
Twitter: twitter.com/buch_bloggerin
Facebook: facebook.com/diebuchbloggerin
Instagram: instagram.com/kaffeehaussitzer
Friederike Kipar, Uwe Kalkowski (Kaffeehaussitzer), Mara Giese (Buzzaldrins Bücher), Janine Rumrich (Kapri-ziös) und Sarah Reul (Pinkfisch) begleiten Zürich liest 2016 im Rahmen einer Bloggerreise auf ihren Blogs und ihren Social Media-Kanälen vor, während und nach dem Festival, das vom 27. – 30. Oktober stattfindet.
Das Interview wurde via Email geführt.
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